Montag, 31. Dezember 2007

Steuereinnahmen in China

Dem chinesischen Staat werden sich in Zukunft wichtige Steuereinnahmequellen verringern. Zum einen ist dafür ein geändertes Körperschaftssteuerrecht verantwortlich, zum anderen sollen die Bürger bei der Einkommenssteuer entlastet werden.

Von der am 1.01.2008 in Kraft tretenden Reform des Unternehmenseinkommensteuergesetz (中华人民共和国企业所得税法) , Übersetzung und Anmerkungen in der ZChinR 3/2007 nehmen westliche Beobachter hier vor allem die Auswirkungen des gestiegenen Satzes für Ausländische Investoren wahr. Dass die Vereinheitlichung der Steuersätze für alle Unternehmen in China (im Zuge der WTO Anpassungen) für die chinesischen Unternehmen eine Reduktion bedeutet und damit im Ergebnis ein Sinken der gesamten Steuereinnahmen, muss man beachten. Natürlich müssen die chinesischen Unternehmer dazu erst einmal Steuern entrichten, was beileibe nicht die Norm in China ist!

Die Umsetzungsrichtlinien (中华人民共和国企业所得税法实施条例)sind am 6.12.2007 erlassen worden und treten zeitgleich am 1. Januar in Kraft. Eine Stellungnahme derselben wird noch erfolgen, jedenfalls behandeln sie von ihrem Aufbau die Ausländisch Investierten Joint Venture und WFOE als chinesische Unternehmen. Eine Kurzanalyse findet sich bei der Bfai.

Ab 1. März 2008 die persönliche Einkommenssteuer sinken: Fewer Chinese to pay income tax. Durch die geplante Anhebung der Bemessungsgrenze auf 2000 Yuan (rd. 200 Eur) pro Monat werden bis zu 70% der Bürger aus der Steuerpflicht fallen, im Vergleich zu gegenwärtig 50% . Diese Maßnahme ist eine weitere im Paket zur Schaffung einer "harmonischen Gesellschaft". Über ein Bündel von Maßnahmen soll ein weiteres Auseinanderklaffen der Wohlstandverteilung in China verhindert werden. Im Jahr 2007 ist in diesem Sinne negativ vor allen der starke Anstieg der Verbraucherpreise gewesen, ein Indikator für die seit längerem drohende Überhitzung der chinesischen Wirtschaft.

Die Arbeit wird der chinesische Regierung im nächsten Jahr also nicht ausgehen. Mal sehen wie nach der Schaffung der Steuergesetze die Umsetzung derselben Sichergestellt werden soll.

Chinesisch Bürokratie

Dass die chinesische Bürokratie umständlich gilt, ist nicht neu. Den Nachweis liefert jetzt Tianya die eine lange Liste der in der chinesischen Verwaltung benötigten Lizenzen/Genehmigungen/Gebühren aufstellt, hier. Angeblich wäre ein Chinese im Laufe seines Lebens bis zu 3000 dieser Verwaltungsakte unterzogen. Die Kommentatoren meinen zum Teil aber, das sei ja noch gar nichts gegen die "zehntausend Steuern" (万税) die China hätte. Wieso erinnert mich das ganz nur so an Deutschland... Da fragt man mit Ricola: "Wer hats erfunden?"

Sonntag, 16. Dezember 2007

China bereitet bis zu 20 M&A-Gesetze vor

Nach einem Bericht der staatlichen Xinhua Agentur "Legislator: China to unveil 20 regulations governing foreign M&A" sollen in nächster Zeit eine Reihe von gesetzlichen Regelungen über Unternehmenskäufe durch ausländische Investoren in China erlassen werden. Cheng Siwei, dem Vizevorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses zufolge sollen diese bis zum In-Kraft treten des neuen Anti-Monpolgesetzes (am 01.08.2008) erlassen werden, bewegen sich also vermutlich im Bereich der Fusionskontrolle. Dabei lässt die hohe Zahl der Erlasse (20) auf eine industriespezifische Regelung schliessen, so Paul Jones (zitiert auf dem Lehman, Lee & Xu Blwag).

Das neue Anti-Monopol-Gesetz (erlassen am 30.08.2007, hier Bericht der Chinadaily) ist dabei bereits eine grundlegende, wichtige Regelung zu Zusammenschlüssen in der Volksrepublik, vergleiche dazu die Übersetzung des Gesetzes und der Artikel von Markus Masseli in der aktuellen Zeitschrift für Chinesisches Recht 3/2007 (www.zchinr.de) sowie der Artikel von Daniel Sprick in der kommenden Ausgabe der ZChinR.

Vor dem Erlass des Anti-Monopol Gesetzes war eine erste fusionskontrollrechtliche Regelung bereits in § 51 der "Bestimmungen über die Fusion oder Übernahme von inländischen Gesellschaften durch ausländische Investoren" (关于外国投资者并购境内企业的规定, am 08.08.2006 erlassen, in Kraft am 08.09.2006) enthalten. Diese Bestimmung fand sich schon in den vorläufigen Bestimmungen von 2003. Neu war seinerzeit die im Ausland kritisch aufgenommene Prüfung der "nationalen wirtschaftlichen Sicherheit" in § 12 welche einen Auffangtatbestand formulierten der eine erhebliche Unsicherheit schuf. Die in Deutschland in letzter Zeit aufflammende Diskussion um die Kontrolle ausländischer Investoren war damals in China schon angekommen; dort wird ein Aufkaufen wertvoller Unternehmen durch geschickte ausländische Investoren beführchtet. Die kurzfristig eingebrachte Regelung (die sich ähnlich "Gefährung der Staatssicherheit" im Anti-Monopolgesetz findet) wurde nicht lange nach dem Verbot der Übernahme des Rohstoff-Unternehmens Unicoal durch den chinesischen Giganten CNOOC, erarbeitet.


Betrachtetet man die umfassenden Kontroll- und Genehmigungsbefugnisse in China, nimmt sich die Debatte um die Kontrolle ausländischer Investoren in Deutschland sehr zurückhaltend an. Auch im internationalen Vergleich ist Deutschland hier ein Nachzügler, trotzdem sollte man in der Kontrollwut des interantionalen Kapitals natürlich nicht über das Ziel hinausschiessen. Die durchaus stabilisierenden Effekte der gut bestückten Staatsfonds hat soeben die Subprime Krise der Großbanken offen gelegt, wobei diese den günstigen Zeitpunkt für einen Einstieg nutzten. Dabei hatten sie aber einen wichtigen stabilisierenden Effekt.

Sonntag, 9. Dezember 2007

Rechtsdurchsetzung im Reich der Mitte

"Recht haben ist nicht unbedingt Recht bekommen", diese Weisheit ist nicht nur Juristen bekannt und selbst in einem so hochentwickelten Justizsystem wie in Deutschland zutreffend. In China ist die Lage noch etwas ungünstiger was die Rechtsdurchsetzung angeht. So ist einerseits das Justizwesen auf dem langen Weg zu einem "Rechtsstaat" zwar vorangekommen, aber noch lange nicht am Ziel. (Nach Art. 5 der Verfassung der VR China errichtet die Volksrepublik einen "sozialistischen Rechtsstaat (社会主义法治国家),hier ein übersichtlicher Bericht von Björn Ahl zu dem Thema). Hier soll aber nicht von der Verwirklichung individueller Rechte gegenüber dem Staat die Rede sein, oder der Kontrolle durch die Gerichte (dazu in einem späteren Post).

Vielmehr beschäftigt mich die Frage auch der Rechtsdurchsetzung im Verhältnis Bürger-Bürger, also zivilrechtliche Streitigkeiten in China schon seit längerem. Dabei ist zum einen interessant, ob die chinesische (asiatische) Mentalität weniger "streitsüchtig ist, wie die westliche.


Zum anderen ist ein Urteil zu seinen Gunsten für einen Kläger nicht viel Wert wenn er diesen Titel nicht durchsetzen kann. Dieses Problem hat mich schon im Rahmen meiner Abschlussarbeit gerade für Ansprüche von Ausländischen Unternehmen in China interessiert. Die Antwort darauf war nicht eindeutig: Einvernehmlich wurden dem Gerichtssystem in China Fortschritte bescheinigt; die Ausbildung der Richter verbessert sich in der Tat täglich und auch die Gerichte werden allmählich unabhängiger von politischer Einflussnahme und selbstbewusster in der Anwendung von Gesetz und Recht und nicht politischer Opportunität. Andererseits gibt es genügend misslungener Versuche, häufig Verschwindet das Unternehmen nach einem Prozess einfach oder die lokale Durchsetzung ist so zeit- und kostenaufwändig, dass davon Abstand genommen wird.

Ein älteren Bericht "Enforcement of Civil Judgments: Harder than Reaching the Sky" der 2004 in der guten China Law and Governance Review (noch kostenfrei online verfügbar, nach zwei Jahren Pause wird sie fortgeführt) erschienen ist, stellt die Situation anhand chinesischer Untersuchungen fundiert dar. Die zum Teil hilflos anmutende Situation ausländischer Investoren wird in den meisten der "Erfolgreich in China - in 15 Minuten -Büchern" dargestellt. Anschaulich ist dabei die Beschreibung in "Mr. China" von Tim Clissold (bei Amazon), nicht das schlechteste der vorgenannten Kategorie.

Da kommt man doch als ausländischer Investor auf die Idee, Ansprüche lieber in rechtssicheren Ländern durchzusetzen, wie zum Beispiel Deutschland. Immerhin ist Deutschalnd Rang 15 was die Durchsetzung von Verträgen angeht im neuen "Doing Business" Ranking der Weltbank, hier. China ist aber interessanterweise auch schon auf Platz 20! Zumal immer mehr chinesische Konzerne in Deutschland investieren (nicht immer zur Freude der deutschen (Lokal-)Politiker) ist dies für diesen Fall eine immer bessere Option.

Gerichtsurteile lassen sich aber international nicht so leicht übertragen, also habe ich zwar einen Titel, muss die Vollstreckung aber erst noch erreichen wenn der Schuldner unwillig ist. Vorraussetzung ist regelmäßig die "Gegenseitigkeit" der Anerkennung von Gerichtsurteilen. Dass damit einer anfangen musss (klingt ja logisch) hat sich das Kammergericht Berlin gedacht und dies in einem kürzlich ergangenen Urteil nebenbei festgestellt. Dieses in Heft 3, 2007 der Zeitschrift für chinesisches Recht (www.zchinr.de) besprochene Urteil (abgedruckt in SchiedsVZ, 2007, 100; mit Anmerkungen Neelmeier) sorgte für Aufsehen, allerdings vor allem weil das Gericht nicht sehr sorgfältig vorgegangen war, was die Beurteilung der chinesischen Rechtspraxis angeht. Jedenfalls könnten sich von einem solchen Urteilsspruch interessante Implikationen für die Durchsetzung von festgestellten Ansprüchen ergeben, vor allem wenn zunehmend chinesische Unternehmen in Deutschland Vermögensgüter haben.